Heute möchte ich etwas mit Euch teilen was wie so oft schwer in Worte zu fassen ist.
Als ich vor 13 Jahren das 1. Mal in Indien war, besuchte ich einen Tempel dessen Ursprünge mehrere 1000 Jahre alt waren. Ich stolperte hinein ohne überhaupt den Namen zu kennen.
Als ich barfuss (Tempel werden immer mit blossen Füssen betreten) durch die Säulenhalle ging machte ich eine intensive, unvergessliche, fast erschütternde Erfahrung.....
Ich fühlte den Kontakt zum Steinboden unter den Fußsohlen, sah die kleinen Schalen für Öllichter, die um die Türbogen zum innersten heiligen Raum angebracht waren, das gedämpfte Licht, die dunstige dicke Luft, der eigene Duft...
Und ich war überwältigt von einem Gefühl der Vertrautheit und Zugehörigkeit.
Meine Zeitwahrnehmung veränderte sich....als ob der Lauf der Zeit stillstand und ich nicht nur den kleinen Ausschnitt der Gegenwart erfuhr, sondern die gesamte Zeitspanne der Jahrtausende.
Es war eine Erfahrung von erweitertem Bewusstsein, höchster Wachheit und tiefer Stille.
Meine Augen waren weit geöffnet. Ich wollte nicht weg. Ich wollte bleiben. Doch die Gruppe mit der ich reiste brach auf....
Während meiner Reisen in mehreren Bundesstaaten Indiens in den letzten 13 Jahren wiederholte sich diese Erfahrung zu einigen Anlässen spontan und unerwartet beim Besuch einiger Tempel...
Tatsächlich ist es eines der Dinge, die ich am allermeisten vermisse, wenn ich in Europa bin....die Möglichkeit in einen Tempel zu gehen und in den hohen Schwingungen zu baden.
Und auch dieses Mal fühle ich so eine enorm starke Anziehungskraft und Liebe, ja fast Zärtlichkeit, zu diesen uralten heiligen Stätten.
Ich atme befreiend aus, fühle wie sich der ganze Körper, Geist und Seele entspannen, und ich mich so sehr "ich selbst" fühle... Auf dem Steinboden zu sitzen, an dem alten Gemäuer zu lehnen, fühlt sich an wie auf dem liebevollen, sicheren Mutterschoß zu sitzen und vollkommen loszulassen...
Mein Verstand versucht Sinn darin zu finden und sich etwas zusammenzureimen.... romantische Spekulationen über vergangene Leben.....als Priesterin... oder Tempeltänzerin....
Wer weiss. Irgendeinen Grund wird es haben warum die Anziehungskraft und Liebe dermaßen stark ist.
Doch was mache ich nun mit dieser intensiven Sehnsucht täglich im Tempel zu sein?
Ich fahre kreutz und quer durch die Stadt auf der Suche nach Büchern über die Wissenschaft der indischen Tempelarchitektur,ihre physikalischen und subtilen energetischen Gesetze, die Geschichte tantrischer Traditionen und Göttinnenverehrung....
Die meisten Buchgeschäfte sind voll mit westlicher, moderner Literatur. Nur ein Laden, den es bereits seit 50 Jahren gibt, kann mich gut beraten. Es gibt ein paar wenige Bücher, die sehr umfangreich sind... sehr gross, sehr schwer und sehr teuer. Es würde mich 200 Euro plus Zoll kosten so ein Teil zu kaufen und nach Europa zu bekommen. Ich kaufe nur 1 Buch von normaler Grösse und Preis.... "64 Yoginis - Cult, Icons and Goddesses", ein wissenschaftlich fundiertes umfassendes Buch über das Phänomen der kreisrunden, zum Himmel offenen Tempel, die tanzende Yoginis darstellen.... es gibt von dieser Art Tempel nur wenige, in verschiedenen Bundestaaten Indiens, 2 davon in Orissa.
Im Grunde bin ich mir nicht sicher wo mich diese Passion für alte heilige Stätten überhaupt hinführen soll und will..... Tempeltänzerin und Priesterin sind Berufe, die schon länger nicht mehr gängige Karrierewege sind :-)
Wieso ruft es mich so stark in die Tempel?
Soll ich einfach so oft ich kann hier meditieren?Oder soll ich mir alles verfügbare Wissen dazu aneignen?Soll ich andere Menschen herbringen und ihnen diese Erfahrungen nahebringen?Oder geht es darum den Tempel in meinem Herzen zu verankern und dort jederzeit Zugang zu finden? Oder soll ich mich ganz dem Odissi Tanz als spirituelles Sadhana widmen, der ja einst ein Tempeltanz war?
Es ist und bleibt ein Mysterium.
Seit ich das erste Mal nach Orissa kam, nahm es mich gefangen. Eine unerklärliche emotionale Anhaftung, die mich nie ganz losgelassen hat... Und die jetzt stärker denn je spürbar ist ...In Gedanken plane ich schon wann ich wiederkommen kann.
Als ich heute Abend nach dem Odissi Tanzunterricht die Tempel besuche versuche ich es ein bißchen weniger verklärt zu sehen.
Es ist einfach wunderschön nach einem Tag der Geschäftigkeit in der materiellen Welt die Schuhe auszuziehen, einen heiligen Raum zu betreten, und sich der übergeordneten Realität zu besinnen.
Ich mache erst eine Runde um den Tempel und staune immer wieder auf's Neue über die Schönheit der unzähligen filigranen Skulpturen, Ihre Lebendigkeit, Sinnlichkeit und Ausdruckskraft. Dann trete ich ein.
Als ich im Meditationssitz auf dem Steinboden sitze höre ich draussen den Verkehr, das Hupen, eine Polizeisirene....doch hier drinnen, mit dem Shivalingam vor mir, herrscht ausgedehnte Zeitlosigkeit, majestätische Stille und tiefer Frieden. Seit über 1000 Jahren.....
Etwas, das wir auch in Europa tun können, ist einen heiligen Raum in unserem zu Hause einzurichten. Viele indische Haushalte haben einen eigenen Puja- oder Meditationsraum - einen kleinen Tempel in den eigenen 4 Wänden, für nichts Anderes verwendet als die Kontemplation des Göttlichen.
Und wenn es der Platz nicht erlaubt, dann können wir zumindest einen Altar haben,mit Kerzen, Blumen und allem was uns inspiriert und unsere Schwingung erhöht.
Den Altar täglich zu pflegen und mit unserer Energie und Hingabe zu nähren ist eine eigene spirituelle Praxis, die uns Disziplin und Konstanz abverlangt,bei der wir aber schlussendlich ein Vielfaches zurückbekommen....
Laßt uns die heiligen Räume in unser Leben zurückholen, so dass unsere Seele sich besinnen kann wer sie ist, immer war und immer sein wird.
Jai Ma 🌺🙏
~~~♡~~~Wenn es Dich inspiriert, freu ich mich über "Blumen" von Dir! 👉 https://www.buymeacoffee.com/saraswati
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