
Ich weiß gar nicht wo ich beginnen soll... so vieles ereignet sich gerade!
Wir befinden uns Mitten in Navaratri, dem jährlichen Festival der Göttin, welches in Indien und auf der ganzen Welt von Ihren Verehrern gefeiert wird.
Gleichzeitig ist meine Umsiedelung von Österreich nach Griechenland von statten gegangen, wo ich vorraussichtlich für die nächsten 7-8 Monate bleiben werde, und für mich beginnt damit ein neuer Abschnitt...
Besonders präsent in meinem Bewußtsein ist außerdem die Göttin Bagalamukhi, deren Praxis wir kommenden Samstag mit dem 3. Mahavidya Workshop beginnen.
All das läßt mich in diesen Tagen vertieft kontemplieren, vor allem über Anhaftungen und Abhängigkeiten, welche uns so oft das Leben schwer machen.
Aber der Reihe nach...
Navaratri ist für mich immer eine magische Zeit. Eine Zeit in der Devi in ihrer strahlenden, liebenden, machtvollen Präsenz besonders gut spürbar und zugänglich ist. Eine Zeit, in der wir die wertvolle Gelegenheit haben die Weichen neu zu stellen, unsere Beziehung zu Ihr zu bekräftigen und zu vertiefen, unsere Wahl erneut zu treffen was uns wirklich wichtig ist, wie und womit wir dieses uns geschenkte Leben verbringen wollen.
„Nav“ kann sowohl als „Neun“ als auch als „neu“ übersetzt werden. Genauso wie „ratri“ nicht nur „Nacht“ sondern auch „Transformation“ bedeutet.
Und so haben diese 9 Nächte im Oktober ein spezielles transformatives Potenzial. Es ist eine Zeit des Überganges von einer Jahreszeit in die andere. Shakti, die Lebenskraft, schwingt in diesen Tagen in der Natur besonders stark um diese Transformation zu vollziehen. Diese erhöhte Energie steht somit auch für uns mehr zur Verfügung.
Aber wie wir wissen ist jede Transformation auch mit Loslassen verbunden. Wir nehmen Abschied und lassen etwas hinter uns um mit dem Fluß des Lebens gehen und etwas Neues einladen zu können.
Wie unglaublich schwierig das oft sein kann. Ich selbst kann ein Lied davon singen, denn als schutzsuchender Krebs-Aszendent, hänge ich mein Herz sehr leicht an Menschen, Orte und Dinge, und Loslassen kann sich mitunter existenzbedrohlich anfühlen.
Was ich im Laufe der Jahre bei meinen vielen Reisen und Wohnortswechseln festgestellt habe, ist, daß es mir IMMER schwerfällt einen Ort zu verlassen an dem ich mich eingewöhnt habe. Die vielen Male, die ich zwischen Österreich und Indien wechselte waren jedes Mal eine emotionale Herausforderung.
Und auch in diesem Sommer wollte ich von Kefalonia nicht nach Wien zurück. Und jetzt, 2 Monate später wollte ich wiederum nicht von Wien zurück nach Kefalonia. Wie traurig es mich gemacht hat Familie, Freunde und vertraute Wohnung wieder zu verlassen. Und wie schmerzhaft es war mich von meiner Katze zu verabschieden...
Wie stark ist erst die Anhaftung an unseren Körper und das Leben! Als ich die Fähre von Ancona (Italien) nach Igoumenitsa (Griechenland) bestieg, wußte ich noch nichts davon, daß es die Nacht mit den schlimmsten angekündigten Unwettern war. Ich staunte nicht schlecht, als dieses gigantische, 10-stöckige Schiff begann hin und her zu schaukeln wie eine Nußschale. Die Leute wankten durch die Gegend und ich war bestimmt nicht die Einzige, die sich des Abendessens wieder entledigte. Ich litt aber nicht nur unter der Übelkeit, mein Geist zeigte mir auch schon Bilder davon, wie ich mit einer Rettungsweste im schwarzen, kalten Meer trieb.
Die Anhaftung an das Leben in diesem Körper ist mächtig und die Konfrontation mit seiner Endlichkeit ist uns gewiß. Solange die physische die einzige Realität ist, derer wir uns bewußt sind, solange treiben wir hilflos und haltlos auf dem Ozean des Samsara, ohne, daß Land in Sicht ist.
Wie dankbar und ehrfürchtig ich bin Ma an meiner Seite zu wissen! Mantra ist DAS Mittel, welches unsere Beziehung zum Göttlichen nährt und lebendig hält, so daß in Momenten wie diesen klar ist, daß wir niemals verloren, alleingelassen oder vergessen sind. Immer ist die Hand da, nach der wir greifen können und die uns für immer sicher hält.
Besonders wirkungsvoll war für mich das Mantra von Bagalamukhi. Mit welcher Leichtigkeit und Anmut es die angstvollen Gedanken und Bilder unter Arrest stellte. Obwohl um mich herum alles wankte, so konnte ich doch im Inneren die unverrückbare Stabilität und Stille berühren, die ewige Präsenz, die sich offenbart, sobald der Geist zum Stillstand kommt.
Körperliche Schmerzen und Ängste mögen zwar nicht augenblicklich verschwinden, doch treten sie in den Hintergrund, und verlieren an Bedeutung, sobald wir uns unserer Verankerung in der Ewigkeit und Göttlichkeit gewahr werden.
Hast Du Dir die vielen verschiedenen Darstellungen der Göttin schon einmal näher angesehen? Meistens hält sie verschiedene Waffen in Ihren Händen. Eine davon ist „Pash“, eine Schlinge!
Wozu ist eine Schlinge gut? Man kann mit ihr etwas einfangen, wie mit einem Lasso, und etwas festbinden, wie mit einem Seil. Sie symbolisiert unsere Anhaftungen und all das was uns in Unfreiheit hält.
Was zeigt Devi uns damit? Wir alle wissen wie schwierig „Loslassen“ ist, wie unmöglich es erscheinen kann Süchte, Gewohnheiten und Abhängigkeiten jeder Art aufzugeben. In der Regel gelingt es erst dann, wenn wir eine Fixierung durch eine neue ersetzen. Meistens kommen wir damit aber bloß vom Regen in die Traufe.
Die eine Anhaftung jedoch, die uns in die Freiheit führt, das ist die Anhaftung an das Göttliche!
Mit der Schlinge in der Hand erinnert Devi uns daran, daß sie es ist, die uns aus aller Verstrickung befreit. Indem wir unsere Anhaftung auf sie lenken, uns von Ihr abhängig machen, uns von Ihr einfangen und an sich ziehen lassen, finden wir Freiheit von allem was uns in der Welt der Vergänglichkeit bindet und früher oder später Schmerzen des Verlustes, der Trennung und des Mangels verursacht.
Und so beziehe ich nun dieses wunderschöne, idyllische Steinhaus, welches auf einem Hügel gelegen das Meer überblickt, in dem Bewußtsein, daß auch die Zeit hier wieder vorrübergehen wird.
Ich richte mich schön ein, aber nicht für immer. Ich darf es eine Zeit lang nutzen, aber es ist nicht mein. Und selbst wenn ich hier oder sonstwo ein Stück Land kaufen sollte, so wäre auch das nicht wirklich „mein“.
Wie Anandamayi Ma sagte: „Diese Welt ist eine Dharamshala“, eine Herberge für Pilger, aber nicht unser wahres zu Hause.
Was für immer mein ist, ist die Erfahrung - die Essenz, die wir aus bewußt gelebten Momenten extrahieren.
Was für immer mein ist, ist die Liebe, die Verbundenheit, das Vertrauen zu Ma, das Wissen darum, daß ich Ihre Tochter, und für immer mit Ihr eins bin.
Comments